DHM Handball Herren

Die hippen Hochschulsportler von der Uni Leipzig hatten zur Facebookparty geladen und Hooligans aus dem gesamten Bundesgebiet hatten ihre Teilnahme angekündigt. Auch die Feiermeister der „Fackelfreunde Forza Flamongo 08“ beschlossen am Küchentisch, erneut ihre WG-Shirts aus dem Trockner zu holen und für die Rechte aller Fußballfans und Leuchtstäbchenschwinger einzutreten.

Nachdem alle organisatorischen Hindernisse überwunden waren – die Erfahrung des hartnäckigen Partypeterzahn, der Enthusiasmus des ewig jungen Thomas Halota und die physkalische Anwesenheit des Busfahrers Florian Klaus Haberstumpf am ISS hatten sich hier eindeutig ausgezahlt – wurde am Freitagmorgen pünktlich gestartet. Kamerakind Jonas schrieb dazu in sein Tagebuch:

 

„Pünktlich an der Sportuni. Keiner von der Mannschaft zu sehen. Haben die mich herbestellt und treffen sich woanders? Immer auf die Neuen. Ah, da kommt einer, der aussieht wie ein Handballer, ich befolge mal den Rat meiner Mutter, lächle nett und warte ab, was passiert.“

Nachdem in Auerbach die korrekte HFF-Beflaggung an allen Fahrzeugen angebracht worden war, machte sich der Treck, bestehend aus dem schneeweißen Unifohlen „Laura“, der blaugrauen Connemara-Stute „Kira“ und dem wiederum weißen, als Begleitfahrzeug eingesetzten Schäfferpanzer auf die knapp 7-stündige Fahrt nach Leipzig.

Angekommen wurde zunächst mal ein weitläufiges Areal zum Zelten ausgespäht und die Claims abgesteckt. Danach wurden die vorhandenen Fachkräfte in Arbeitsgruppen eingeteilt (Ingenieure bauen Zelt auf, Betriebswirte kaufen ein, Sportler helfen Tragen) und das Camp hochgezogen und mit Vorräten bestückt. Lediglich die Anlage des Wasserparadieses gestaltete sich mangels vorhandener Süßwasserreserven als schwierig (4 Kästen Bonaqua still reichen nur für 2cm Poolinhalt).

„Ach du Scheiße! Die von der Orga meinten doch, dass wir auf keinen Fall mit den Autos auf das Gelände fahren dürfen. Mit dem Bus zur Tarnung unter einen Baum zu fahren hilft auch nicht wirklich, wenn wir direkt vor dem Büro parken. Das gibt sicher Ärger – oh, der große Dunkle will, dass ich mit anpacke. Ich lächle freundlich und tu so als hätt ich’s nicht gemerkt.“

Für das erste Spiel am Freitagnachmittag standen die Vorzeichen denkbar ungünstig. Nicht nur hatte ein aufmerksamer Grenzpolizist die Kiste mit Bengalos hochgehen lassen, auch die Verstärkungstruppe um Jo Knerr und Georg Münch war aufgrund Anreisebeschränkungen noch verhindert. Dennoch schaffte es Coach Ehrich, die Truppe entscheidend einzustellen: „Ein Spieler, der an der Bar der Größte ist aber auf dem Feld nichts hinbekommt, ist einfach nur ein schlechter Witz.“ Vor der dritten Halbzeit wollten also erst noch zwei auf dem Handballfeld ausgetragen werden, und trotz championsleague-erfahrenem Niklas Ruß (Rhein-Neckar-Löwen) waren die Heidelberger kein Gradmesser für die kampferprobte Firma aus Erlangen.

„Mütter schließt eure Kinder weg! Die langen nicht hin, die pulverisieren! Sind wir etwa doch nicht zum Spaß hier? Da kommen noch ein paar finstere Gestalten, die wollen wohl zu uns? Ah, das vierte Auto hat’s geschafft, feiern ja schon ganz gut – das zaubert direkt auch mir ein Lächeln aufs Gesicht :)“

Im Anschluss an den glorreichen Sieg verlegte der Erlanger Tross in den Hörsaal 2b, wo eifrige Volunteers strategisch günstige Positionen in der Fankurve freigehalten hatten. Nachdem die Griechen besser mitspielten als erwartet und auch der Elektrolytnachschub kompetent geregelt war, konnte nichtmal DJ Ralf der Gutgelaunte den Erlangern ihre Partylaune vermiesen. Nach kurzem Ausrollen des Schlachtplans im Resort wurde die Welcomeparty gestürmt.

Die Erlanger Taktik, grüppchenweise in die Arena einzusickern erwies sich als goldrichtig und schon bald waren Freund und Feind cocktailmäßig bestens betreut. Zum Unbill des eigens mitgereisten „Team Bar“ erwies sich die Mission „Gegner zerstören“ schwieriger als gedacht. Wie zerstört man Gegner, wenn diese bereits beim Aufwärmen die Segel streichen und sich in ihre Hotels verabschieden?  Mangels ernsthafter Gegner, wurde schnell das hauseigene „Team Halle“ ausgespäht, dessen Mitglieder noch vollständig anwesend und auch willig waren. Torhüterphilosoph Walzik sollte die tragischen Ereignisse, die folgten am kommenden Morgen folgendermaßen kommentieren: „Team Bar? Lächerlich, was die vertragen das hat meine kleine Schwester schon in der C-Jugend reingeleuchtet.“

 

Die Lage spitzte sich zu und der Kampf wurde erbittert zwischen den beiden Erlanger Fraktionen ausgefochten. Einziger Trost war, dass Stuttgart und Leipzig Kollateralschäden zu verbuchen hatten und einige gegnerische Einheiten gründlich vernichtet wurden. Als DJ Ralf Feierabend machte und der Supergau drohte übernahm der gefuchste Michi Hettchen die Regie und während Julius Emrich (Kadetten Schaffhausen) beim „Erlangen ist homo“ noch fleißig mitsang, waren beim „UNI UNI ERLANGEN“ nur noch der Leipziger Hochschulsport sowie die ghanaische Sprint-Nationalmannschaft anwesend.

„Wo sind die Leute von Amnesty, wenn man sie mal braucht? Es ist mittlerweile 04:00h. Irgendwer rennt ums Zelt und sucht den „DC“!? Ist das nicht der Chef des Hochschulsports? Oh nein, er kommt ins Zelt um Donuts zu verteilen. Ich mache besser ein glücklich-verträumtes Gesicht und stelle mich schlafend.“

Der Morgen danach begann bei allen außer Coach Ehrich, der fröhlich-vergnügt Schlafende fotografierte, etwas zäh. Glücklicherweise schloss das Frühstück optisch wie geschmacklich nicht an die Kartoffelsuppe (?) des Vortags an und spätestens zur zweiten Halbzeit gegen Magdeburg war der Kreislauf bei den Erlanger Recken wieder so weit genesen, dass man mit Gegenwehr beginnen und wenigstens einen Punkt aus der Partie retten konnte. In der Tabellenkonstellation hatte das die Auswirkung, dass man im zweiten Spiel des Tages Titelverteidiger Leipzig schlagen musste, um das Ziel Halbfinale nicht zu verpassen und mindestens 9 Tore Vorsprung brauchte, um gar den Gruppensieg klarzumachen.

Leipzig hingegen hatte nach einem Debakel gegen den Rivalen Magdeburg kräftig nachnominiert und dem folgenden Sieg über Heidelberg ebenfalls noch Finalrundenambitionen. Es entwickelte sich ein munteres Spielchen mit leichter körperlicher Überlegenheit der mittlerweile gut aufgelegten Erlanger. Dank enorm gesteigerter Torhüter- und Abwehrleistung hatte man nun ein Spiel Pause um sich auf das Aufeinandertreffen mit dem Juggernaut Stuttgart vorzubereiten. Eine Aufzählung des who is who der südwestdeutschen Bundesliga erübrigt sich, Stuttgart geht seit Jahren kontinuierlich als Favorit ins Turnier und ersetzt Ausnahmespieler vom Format eines Nico Kibat (THW Kiel, SG BBM Bietigheim) quasi im Vorbeigehen mit jungen Talenten wie Ferdinand Michalik (TV Neuhausen).

Zwei Strategien hatte Coach Ehrich für die Mannschaft parat. Der zähe Kaugummihandball vom Vorjahr erschien als wenig erfolgversprechend, da der Überraschungseffekt nicht mehr gegeben war, also lautete die Devise „10 Minuten bluten bis zum Umfallen und den somit (zweifelsohne) herausgespielten 8-9-Tore-Vorsprung bis zum Ende verwalten.“

Doch die Stuttgarter zeigten sich ebenfalls gut eingestellt und nahmen das Spiel sehr ernst, weswegen der junge Erlanger Angriff erst beim Stand von 1:7 langsam ins Spiel fand, gestützt auf eine erstarkende Abwehr, die nun mit Ballgewinnen für Gegenstoßchancen sorgte. Auf zwei Tore sollte die Easy-Company aus Erlangen noch einmal herankommen, doch Stuttgart konnte immer wenn es darauf ankam noch einmal zulegen und in der zweiten Phase immer wieder die individuelle Überlegenheit ausspielen. Am Ende erreichte der Favorit souverän das Finale und die Erlanger Feuerteufel konnten sich auf den Abend vorbereiten, an dem hoffentlich endlich einmal so richtig… nein, das kennt der geneigte Leser ja aus dem Vorjahr.

Die Catering-Genies des BBQ hatten sich ein wenig verkalkuliert und hätten nicht die robusten Erlanger Fußballfreunde vom Team Bar den Bereich unmittelbar vor den beiden Grills großräumig abgesperrt hätte man wohl weitaus länger als eine Stunde auf seine Bratwurst von zweifelhafter Farbe und Konsistenz warten müssen. Einigen ging’s immer noch nicht schnell genug und so wurden im und um den nahgelegenen Fastfoodfranchiser Passanten und andere Hartz-4-Empfänger zum Thema „Sicherheit in deutschen Fußballstadien“ interviewt. Die Sprachbarriere zwischen Ost und West wurde deutlich, als im Verlauf des Abends keine der Gastronomie-Prinzessinnen die höfliche Einladung und das Werbeverhalten der bayerischen Prachtburschen („Du hast um 23:00h aus? MB! Bis gleich.“) richtig verstanden hatte.

Die Moritzbastei war bei Weitem nicht so gut frequentiert wie im letzten Jahr, was die Erlanger Ultras nicht hindern sollte, sich im Verlauf des Abends ihrer Kleidung zu entledigen und den Boden des größten Studentenclubs Europas mit einer ordentlichen Schicht Konfetti zu überziehen – hey heeeey!

„Thomas Halota hat mir schon wieder einen halben Flyer ins Bier geworfen. Diese Konfettinummer scheint ihm nicht langweilig zu werden. Nach meinem vierten Bier muss ich aber auch ein wenig Schmunzeln. Schöne Feier eigentlich, nur sind die meisten Mädels größer als ich – egal, bei meinem Pegel sieht selbst Partypeterzahn zum Anbeißen aus.“

Die eigentliche Party sollte an diesem Abend allerdings im Erlanger Lager stattfinden. Fernab wachsamer Überwachungskameras tanzten die bayerischen Supporter in den Sonnenaufgang. Fortgeschrittenes Alter und die nachlassende Stimmkraft hatten Coach/Chronist Ehrich zum vorzeitigen Aufgeben gezwungen, weswegen die Ereignisse des Sonntagmorgen lediglich in Jonas Hirnings Tagebuch festgehalten und fetzenhaft überliefert wurden:

„Die Lage spitzt sich zu… alle nackt oder in Unterwäsche… grässliches Geschrei aus allen Richtungen, Chris Selmer piepst die DHM-Hymne (Call me maybe)… Max v. Borstel im Blumenbeet in Sicherheit gebracht – wenigstens EIN spielfähiger Torwart muss überleben (oder auch nicht)… Peter Zahn kann keine Flüssigkeit mehr zu sich nehmen (Wasser)… Frank Herold beim Playboykauf danebengegriffen (Wendy)… Basti Mäder hat Muttersprache verlernt (Hamburger Dialekt)… Pool stinkt nach Bier (Stern-Bräu)… Schäffer/Piller-Käfig dampft und glüht offensichtlich (Hulk vs. das Ding)… Polizei, Security oder Schweizer-Garde sind nicht auszumachen… Michael Hettchen hat versucht, mich zu beissen…“

Dennoch schafften es die Spielwarte Knerr und Schmidtke, den großen Haufen Elend zusammenzukratzen und bis Mittag in einen spielfähigen Zustand zu versetzen (Trikots an), so dass für das Spiel um Platz 3 noch schnell einige wichtige taktische Kniffe einstudiert werden konnten, die – wenn nicht den Sieg – zweifelsohne das Publikum für die sympathischen Erlanger Randalierer gewinnen sollten. Nach kurzer Absprache mit den Magdeburger Gegnern und den Unparteiischen konnte das Spiel per Kickoff („Marino links“) gestartet werden.

Schnell wurde klar, dass aller Beteuerungen „auch etwas zu einem unterhaltsamen Spiel beizutragen“ zum Trotz die Magdeburger nicht zum Scherzen aufgelegt waren und so hing es an den Erlangern, das fachkundige Publikum mit diversen Showeinlagen („Swayze links“), Trickspielzügen („Angola links“) und überraschenden Elementen („Einlauf links“, „Kraftzirkel links“) zum Toben zu bringen. Spätestens als die Stuttgarter Mannschaft Fangesänge auf einen fiktiven „HC Erlangen“ anstimmte, statt sich aufs Finale vorzubereiten, war dieses Ziel erreicht und weitere Geheimwaffen wie „Kreuzen links“ konnten fürs kommende Jahr im Arsenal verschlossen bleiben.

Die Finalspiele gingen nach der Verabschiedung von Matze „Nähmaschine“ Schnödt in allgemeiner guter Laune unter und nach der Siegerehrung wurde es Zeit, Ruhm und Beute zurück ins schönste Bayern der Welt zu tragen. Das Fazit nach Rückkehr war, dass die Mannschaft mittlerweile spielerisch konstant im oberen Bereich der DHM mithalten kann, beim „studentischen Beisammensein“ Jahr für Jahr neue Maßstäbe gesetzt werden und – weil alle jetzt lange genug darauf gewartet haben – Pyrotechnik kein Verbrechen ist.

Für die FAU in der Halle erfolgreich:

 

Max „HFF“ v. Borstel, Elmar „Joachim“ Ehrich, Flo „no shame no game“ Haberstumpf, Thomas „the Hoff“ Halota, Frank „Wendy“ Herold, Andi „mach dich fertig“ Knerr, Jo „Elmar“ Knerr, Basti „Motormouth“ Mäder, Georg „Rookie“ Münch, Sebastian „the Beast“ Piller, Jan „Incredible Hulk“ Schäffer, Mario „Smitek“ Schmidtke, Matze „Ausscheider“ Schnödt, Chris „call me“ Selmer, Bene „Jenny“ Wackersreuther, Philipp „Wayne“ Walzik, Partypeterzahn (100%)

Sektion Stadionverbot: Michi „Domspatz“ Hettchen, Jonas „Batesy“ Hirning, Moritz „Ich geh gleich“ Marx